Ich hatte mich ein bisschen eingelesen, klar. Ich wusste, dass man einen Recurvebogen als Anfänger eher nimmt als einen Compound, und dass man beim Schießen irgendwie „ruhig bleiben“ soll. Aber ehrlich gesagt: Ich hatte keine Ahnung, was ich da eigentlich tue.
Es war einer dieser Tage, an denen man einfach losfährt – ohne Plan, aber mit einem Gefühl im Bauch. Ich stieg auf mein Fahrrad, fuhr los, und dachte: Vielleicht finde ich den Schießplatz vom Verein. Vielleicht ist da jemand. Vielleicht hab ich Glück.
Und ich hatte Glück.
Als ich am Platz ankam, war da tatsächlich jemand. Ein einzelner Schütze, ganz in Ruhe beim Training. Ich hielt an, wartete einen Moment, und fragte dann vorsichtig, ob ich mal zuschauen darf.
Er schaute kurz – und lächelte.
„Na klar. Wenn du magst, kannst du es auch gleich mal probieren. Ich hab einen Anfängerbogen dabei.“
Und so stand ich plötzlich da – mit einem echten Bogen in der Hand. Kein Probeset, kein Lehrer, kein Kurs. Nur ein netter Mensch, der mir half, die Sehne aufzulegen, die Haltung zu finden – und den ersten Pfeil zu schießen.
Der Moment der Spannung
Als ich den Bogen das erste Mal spannte, war das ein ganz eigenes Gefühl.
Nicht schwer – aber ungewohnt.
Die Sehne unter meinen Fingern, der leichte Widerstand, der sich beim Auszug aufbaut.
Ich spürte, wie sich mein Körper automatisch aufrichtete, wie sich meine Muskeln spannten – aber nicht verkrampften.
Mein Atem wurde langsamer, mein Blick wurde enger, mein Fokus wanderte genau dorthin, wo der Pfeil hin sollte.
Es war, als würde die Welt kurz leiser werden.
Nichts war mehr wichtig – nur dieser eine Moment. Der Körper war präsent, der Kopf ganz ruhig.
Und obwohl ich den Bewegungsablauf nur grob kannte, fühlte sich alles irgendwie richtig an. Roh, aber echt.
Mein erster Schuss: daneben.
Der zweite: auch.
Aber beim dritten… war da dieses Gefühl.
Nicht Perfektion. Kein Volltreffer. Aber das Gefühl, dass etwas gepasst hat.
Der Ablauf war flüssiger. Der Pfeil flog gerader. Der Klang beim Loslassen war weicher.
Und in genau diesem Augenblick war es da: dieses kleine, ehrliche, unplanbare Glücksgefühl.
Ein Glück, das nicht laut war – sondern tief. Ein Moment, in dem ich dachte: Ja. Das hier. Das fühlt sich gut an.
Was ich an diesem Tag gelernt habe
Ich habe gelernt, dass man einfach anfangen darf.
Dass es nicht immer eine große Vorbereitung braucht. Dass man losgehen kann – mit Neugier und offenem Herzen.
Ich habe gelernt, wie viel in einem simplen Bewegungsablauf steckt: Haltung, Atmung, Fokus, Kontrolle.
Und dass es völlig okay ist, daneben zu schießen. Es gehört dazu.
Ich habe auch gelernt, dass der Bogensport keine elitäre Mauer ist – sondern offen, ruhig, einladend.
Der Schütze, den ich zufällig getroffen habe, hat mich nicht nur schießen lassen – er hat mir Raum gegeben, Fragen zu stellen, mich auszuprobieren, Fehler zu machen.
Warum ich weiter mache
Ich bin ohne Anmeldung, ohne Ausrüstung und ohne Erwartungen zum Platz gefahren.
Und ich bin mit dem festen Entschluss wieder heimgekommen: Ich möchte das lernen.
Nicht, um besser zu sein als jemand. Nicht, um zu gewinnen.
Sondern um mich selbst kennenzulernen. Um zu spüren, was passiert, wenn ich bewusst bin.
Um diese Mischung aus Technik, Ruhe, Konzentration und Bewegung weiter zu entdecken.
Ich werde jetzt regelmäßig trainieren, mir die Ausrüstung zulegen – und schreibe hier auf bogenstart.at darüber.
Nicht, weil ich schon viel weiß – sondern weil ich gerade anfange, genau wie du vielleicht auch.